Bellen -kann man das abgewöhnen?

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Bild: pixabay/ Alexas_Fotos

Ein Hund geht am Haus vorbei und schon wieder geht’s los: das Gebell. In hohen Tönen kläffend, springt der Hund von seiner Decke und rennt ans Fenster, oder, wenn die Terrassentür offen steht, aus dem Haus und gibt alles. Wenn der Hund ständig bellt, nervt das nicht nur deine Nachbarn, sondern wahrscheinlich auch dich selbst. Um deinem Hund das Bellen abzugewöhnen musst du erst einmal herausfinden, was die Ursache ist.

01 Warum bellen Hunde?

Die Antwort ist natürlich denkbar einfach: sie bellen, weil sie bellen, weil es zu ihrem ganz natürlichen Verhalten dazu gehört. Punkt. So weit, so gut. Aber es gibt natürlich viele unterschiedliche Gründe für Hunde überhaupt zu bellen. Nicht wenige Hunde sind richtige Dauerbeller und schlagen bei jeder offensichtlichen oder auch unoffensichtlichen Gelegenheit Alarm. Das kann furchtbar nervig werden, nicht nur für dich selbst, sondern natürlich auch für deine Nachbarn. Und auch schmerzhaft, denn Dauerbellen ist schädlich für die Stimmbänder.

Allerdings muss man auch sehen, dass nicht wenige Menschen da draußen das Bellen ihres Hundes insgeheim doch auch „gar nicht so schlimm“ finden, denn es macht ihnen ein gutes Gefühl von ihrem Hund beschützt zu werden. Dass sich eine solche Haltung zum Hund nicht nur in puncto Bellerei negativ zwischen Hund, HerrchIn und allen anderen Lebewesen da draußen auswirkt, liegt auf der Hand. Jemand, der sich durch das Bellen seines Hundes beschützt fühlt, wird natürlich deutlich weniger Motivation haben daran etwas zu verändern.

Genauso häufig findet man unter HundehalterInnen auch regelrechte Verzweiflung. Der Hund bellt und es wird mit beruhigenden, salbenden oder halbherzigen Worten auf ihn eingeredet in dem Wunsch, der eigene Lieblingsfiffi möge doch bitte aufhören mit dem Gebell. Viele ignorieren das Ganze auch stik um.  Ein Teufelskreis, liebe Freunde, denn alle fühlen sich schlecht. Der Hund, weil er bellen „muss“, FrauHerrchen, weil man dagegen scheinbar nichts tun kann, und alle anderen, weil sie zuhören müssen.

Gut, aber kommen wir jetzt mal zur eigentlichen Frage: welche Gründe haben Hunde denn überhaupt zu bellen?

Rumms! Sind wir direkt im Bereich der Kommunikation gelandet. Bellen ist quasi DIE Lautäußerung der Hunde. Bellen wird in allen möglichen Situationen eingesetzt: zur Aufforderung, zur Begrüßung, als Drohlaut, als Schrecklaut, bei Kontaktaufnahme, als Unbehagenslaut und als Gruppenlaut. Häufig findet man im Internet oder auch in anderen Medien die Meinung, Hunde würden gar aus „Langeweile“ bellen. Das ist natürlich Quatsch. Bellen ist im Laufe der „Haustierwerdung“ von Hunden hypertrophiert, also „vergrößert; mehr geworden“, im Vergleich zum Wolf. Wölfe bellen sehr wenig und setzen andere, viel leisere und sehr differenzierte Laute ein. Wölfe bellen als Warnlaut, dann ist es eher ein „Wuffen“, und bei der Verteidigung. Bellen bei Hunden hingegen klingt immer ganz unterschiedlich: zwischen dem Begrüßungsbellen für Familienmitglieder und dem Bellen am Gartenzaun liegen Welten!

Hunde, also Canis lupus forma familiaris -die Hausform des Wolfes, kommunizieren natürlich noch mit anderen Lauten, wie knurren, winseln, jaulen. Etwas, was wir Menschen nicht mitbekommen können, ist de sogenannte „olfaktorische“ Kommunikation -Hunde reden miteinander durch Körpergeruch und den Geruch von Kot, Urin und den Geruch, den ihre Pfoten beim Laufen abgeben. Olfaktorische Kommunikation läuft für uns Menschen also „unsichtbar und unhörbar“ ab. Und, na klar, sie kommunizieren über Körpersprache.

Hard fact No 1: Hunden kann man das Belen nicht grundsätzlich abgewöhnen, aber man kann es erziehen. Der Ball liegt also in deiner Hand, FrauHerrchIn! Bellt dein Hund viel, dann mach dich an die Arbeit. Für eure Beziehung und Bindung, und die zu deinen Nachbarn, wäre das ein Riesengewinn!

02 Mein Hund bellt bei allem und jedem

Eins vorneweg: Hund ist natürlich nicht gleich Hund, denn es gibt auf jeden Fall Rassen die zum vermehrten Bellen hin gezüchtet wurden. Schäferhunde und andere Hüte- und Treibhunde, Jagdhunde, aber auch viele kleine Rassen, wie z.B. Zwergspitze und Pinscher, bellen deutlich mehr als andere Hunderassen. Bei jeder Rasse muss man aber dringend beachten, dass es innerhalb von Hunderassen unterschiedliche züchterische Schwerpunkte gibt. Die einen wollen ein „Schaf“ züchten, die anderen einen triebstarken und wehrhaften Schutzhund. Ist ja logisch, dass man unter diesen Bedingungen unterschiedliche Persönlichkeiten innerhalb einer Rasse findet.

Hunde, die dauerhaft bellen, sind in der Regel sehr reizoffen. Manche neigen zu ängstlich-aggressivem Verhalten und würden auch schnappen, wenn sie zu stark bedrängt werden. Oft werden diese Hunde als ängstlich bezeichnet, oder aber auch als sehr durchsetzungsstark. Diese Hunde empfinden viel Stress, weswegen sie ständig „On“ bleiben in ihrer Reizoffenheit. An dieser Stelle ein kurzer Schwenk Richtung Hütehunde, wie Australian Shepherd, Border Collie und Co.: Hütehunde sind sehr triebstarke Arbeitshunde. Das Hüten an sich ist eine besondere Form des Jagens. Zudem wollte man von seinen Hütehunden auch direkt noch einen Wachhund für Herde, Haus und Mensch. Das alles macht diese Rassen zu sehr gut trainierbaren, aber bei weitem nicht zu einfachen Hunden. Hütehunde mussten und sollten, und sind!, stets zur Stelle. Und damit der Prototyp des reizoffenen Hundes. Stell dir mal vor, du bist SchäferIn mit 800 Schafen, die auf die nächste Weide getrieben werden müssen. Was wäre, wenn dein Hund „heute keinen Bock“ hätte?

Bellt dein Hund bei allem und jedem, ist er also wohl ein besonders reizoffener Kandidat. Diese Hunde bellen auch häufig wie „aus dem Nichts“. Nein, das tun sie natürlich nicht. Sie haben einen Grund zu bellen -sie riechen etwas, bzw. jemanden. So kann es sein, dass dein Hund an der Wohnungstüre deines Mehrparteienhauses liegt und bellt. Er bellt das erste Mal, weil er jemanden im Hausflur gehört hat. Und er bellt ein zweites Mal, wenn der Geruch der Person durch den Türschlitz wabert….

03 Mein Hund bellt, wenn er allein ist

…der Geruch, der durch den Türschlitz kommt, oder durch ein geöffnetes Fenster in die Wohnung zieht, bringt uns direkt auch zum nächsten: dein Hund bellt, wenn er alleine ist?

Nun, dass dein Hund auf die Gerüche oder Geräusche reagiert, die, auf welche Weise auch immer, zu ihm dringen, kann ein Grund sein. Der andere Grund ist häufig in der Tatsache zu finden, dass dein Hund eben alleine ist. Wie wir eingangsgeklärt haben, nutzen Hunde Bellen als Gruppenlaut. Um „Herbeirufen“ fallen Hunde auch oft in ein „Heulbellen“ hinein. Die Belltöne sind dann besonders hoch und beginnen oder enden oft in einer Art Heulen. Dein Hund „ruft“ also nach dir und möchte sich mit dir vereinen.

Gruppenlaute kann man oft beobachten, wenn man Zeit an Orten verbringt, an denen es normal ist, dass Hunde im Hof oder auf dem Grundstück frei umher laufen. Fängt ein Hund im Ort an zu bellen, dauert es nicht lange und der komplette Ort bellt. Erstaunlicherweise meistens auch in derselben Tonlage. Die Hunde des Ortes machen also ein „Gemeinschaftsprojekt“ und bellen gemeinsam. Diese Kooperation stärkt das Gruppengefühl: einer bellt wegen eines Reizes, Geräusch, Geruch, fremde Person…, und die anderen machen mit -ohne zu wissen worum es geht. So ein Gruppenbellen kann in einem Mietshaus natürlich unerfreuliche Ausmaße annehmen…

Bild: dahancoo/pixabay

04 Mein Hund bellt, wenn jemand kommt

Der Klassiker: ein Auto fährt vor, der Hund spitzt schon mal die Ohren, Schritte nähern sich dem Haus und spätestens, wenn es klingelt geht’s rund! Bellen springen kratzen toben schnappen. Manche Hunde geraten völlig außer Rand und Band wenn jemand kommt. Öffnet man die Tür, versucht man den Hund am Losstürmen zu hindern indem man ihn festhält, sich davor stellt oder den Hund mal eben im Gäste WC zwischenparkt. Betreten die Leute dann das Haus, sind sie vor dem Hund nicht sicher. Es wird angebellt, scheinbar freudig, Schuhe werden geholt und dem Besucher „gezeigt“ -aber nicht abgegeben. Es wird gesprungen und an allen Körperstellen gerochen. Oder es wird sehr skeptisch geschaut, der Besuch mit einem Meter Abstand verbellt und sich nur langsam genähert und geschnüffelt. Als Besucher hört man dann entweder „Bello freut sich ja so dich zu sehen und muss dir alles erzählen!“, oder auch gerne „Fiffi mag Fremde erst mal nicht so…gleich wird er ruhiger und legt sich auf die Couch oder unter unseren Tisch. Er hat Angst.“, oder „sie ist aus dem Tierschutz und hat ganz schlimme Erfahrungen gemacht! Wir versuchen bei Besuch mit positiver Verstärkung und Leckerlis das Trauma zu bearbeiten. Dazu hat uns der Hundetrainer geraten.“.

Uiuiuiuiuiuiuiuiuiui!

Das ist natürlich Quatsch. Hunde versuchen auf die unterschiedlichsten Weisen Kontrolle über Situationen herzustellen. Kontrolle ist das Gegenstück zu Ausgeliefertsein, Ohnmächstigsein, Machtlossein. Hunde können das, wie gesagt, auf unterschiedliche Arten tun. Der eine rempelt, rüpelt, springt, schubst -alles in Kombination mit einem freundlichen, offenen, fröhlichen Gesicht -und bellen. Der andere knurrt, schnauft, droht, schnappt -alles in Kombination mit einem skeptischen, fixierenden, lauerndem Blick -und bellen.

Der Wunsch dieser Hunde ist Kontrolle über die Situation und Schutz. Das Gefühl dieser Hunde, egal ob freundlich oder warnend, ist Aggression. Dabei schützen sie nicht nur sich selbst, sondern auch immer dich, FrauHerrchen, und alle anderen die zur Familie gehören!

05 Mein Hund bellt beim Spazierengehen

Wer hat uns Menschen eigentlich gesagt, Hunde würden spazieren gehen? Ich weiß es auch nicht mehr…Jedenfalls gehen wir spazieren. Unser Hund allerdings bedient da draußen alle Reize denen er gemeinsam mit uns begegnet.

Diese Reize, die uns beim Spazierengehen begegnen können sind andere Menschen, andere Hunde, kleine Kinder, Jogger, Radfahrer, Tiere, Gerüche, Geräusche. Nun sind unsere Hunde wahre Stimmungsseismographen und wissen genau, wie wir uns heute fühlen. Oft viel besser als wir selbst. Damit wissen sie auch, was sie heute von uns warten und auch nicht erwarten können. So erklärt sich auch, dass Hunde mal stärker, mal schwächer reagieren. Stichwort: Bindung und Beziehung!

Wer kennt die Situation nicht?! Du gehst mit deinem Hund spazieren, hast ihn vorher schnüffeln lassen, von vorne kommt ein anderer Hund. Dein Hund reagiert auf den anderen Hund und hebt den Kopf, wedelt vielleicht mit dem Schwanz, zieht stark an der Leine. Der andere reagiert ebenso und es wird immer doller, je näher ihr euch kommt. Der andere kann seinen Hund kaum halten und auch dir tun schon die Hände weh. Du versuchst dich vor deinen Hund zu stellen oder ihn sitzen zu lassen. Dein Gegenüber packt die Leckerlis oder ein Spielzeug aus und versucht durch Ablenkung aus der Situation zu kommen. Es wird gebellt und gezogen. Oder dein Hund wedelt mit dem Schwanz, macht ein freundliches Gesicht und „will unbedingt“ zu dem anderen Hund. Vielleicht wollen beide ja nur spielen? Oder sie möchten mal aneinander schnuppern? Vielleicht klappt es ja, wenn man sie spielen lässt? Dein Hund ist aus der Hundeschule gewöhnt mit den anderen Hunden direkt spielen zu können? Der andere Hund ist sicher falsch oder schlecht sozialisiert!

Uiuiuiuiuiuiuiuiuiui!

Das ist natürlich Quatsch. Hundebegegnungen sind für alle Hundebesitzer DIE Herausforderung schlechthin. Hier spielen einige Dinge eine Rolle, aber vor allem die Frage: vertraut mein Hund meiner Führung? Führung ist nichts weiter, als dass einer die Verantwortung für die Bewältigung von Situationen vertrauensvoll in die Hand eines anderen legt.

06 Mein Hund bellt, was kann ich tun?

Womit wir auch zum Fazit kommen. Bellen ist eine Form der Kommunikation und hat immer einen sozialen Sinn. Der soziale Sinn kann sein, dass man den anderen begrüßen möchte, dass man ihn abhalten möchte näher zu kommen, dass man ihn warnen möchte, dass man ihn herbeiruft usw.

Hunde bellen am häufigsten um andere davon abzuhalten näher zu kommen. Sie bellen also meist aus Gründen der Abgrenzung. Das Motiv dahinter ist: Schutz. Das Gefühl dahinter ist: Aggression. Wenn du also dieses Bellen stoppen oder eingrenzen möchtest, dann lerne über Hunde. Wie sehen Hunde die Welt? Was macht wirklich eine gute Bindung und Beziehung aus? Diese Fragen sollten dich leiten. Dann kann dein Hund auch alleine bleiben, ganz ohne zu bellen.

Um welches Bellen es sich bei deinem Hund auch immer handeln mag: trainiere ein Stoppsignal. Also ein „Nein“ oder „Aus“, damit du das Bellen deines Hundes jederzeit stoppen kannst.

Es gibt auch bestimmte Hilfsmittel mit denen du im Bedarfsfall arbeiten kannst. Am effektivsten, und für deinen Hund auch am besten, sind „Ferntrainer“ oder „Antibell-Halsbänder“. Diese funktionieren mit Vibration oder einem Sprüheffekt, der ausgelöst wird, wenn dein Hund bellt. Achtung! Diese Geräte funktionieren auf unterschiedliche Weise: mit Mikrophon oder mit einem eingebauten Vibrationsfühler. Dieser Fühler spürt, ob dein Hund bellt. Kaufe nur ein Gerät mit Vibrationsfühler. Wenn du mehr darüber wissen willst, hier lang! (Link auf Artikel „Trainingshilfen“) Ein Gerät entlastet dich nicht von der Umstellung eurer Beziehung und vom Training 😉

Wie immer gilt: Hände weg von Leckerli „Erziehung“!

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