Bild: pixabay/ lppicture
Dein Hund jagt und du verzweifelst nahezu bei jedem Spaziergang? Blätter fliegen über die Straße und dein Hund springt sofort unkontrolliert hinterher? Wenn du deinen Hund frei laufen lässt, macht er sich sofort vom Acker? Beim Anblick eines Radfahrers gerät dein Hund in Ekstase? Jagende Hunde sind schwer oder kaum kontrollierbar und werden damit zu einer Gefahr für sich selbst und andere. Doch warum ist das so und wie kannst du dem erfolgreich entgegenwirken?
01 Den jagenden Hund verstehen
02 Was passiert im jagenden Hund?
03 Antijagdtraining
04 Jagd durch Jagd ersetzen
01 Den jagenden Hund verstehen
Jeder Hund jagt, denn jeder Hund stammt vom Wolf ab -und der jagt nun mal auch. Für viele Hundehalter ist es schwer zu verstehen, warum ein Hund jagt. Denkt man an die prall gefüllte Futterschüssel daheim, scheint es keinen rechten Grund dafür zu geben, dass unsere Hunde jagen. Aber horchen wir doch mal kurz in uns selbst hinein. Wie steht es um dich selbst und deinen Jagdinstinkt? Spielst oder schaust du gerne Fußball oder eine andere Ballsportart? Zockst Games? Fährst schnell Auto oder Rad? Shoppst mit viel Leidenschaft Klamotten oder Interior? Tja, dann sag an dieser Stelle deinen eigenen Genen „Hallo“, denn hier zeigt sich dein eigener Jagdtrieb. Und das, obwohl der Supermarkt voll ist. Genauso wie der Kleiderschrank. Kurzum, jeder unserer Hunde hat einen Jagdtrieb, der eine mehr, der andere weniger stark ausgeprägt, aber da ist er auf jeden Fall. Denk nur einmal daran, dass du deinem Hund einen Ball oder einen Stock zum „Spielen“ wirfst. Er läuft hinterher um den Ball/Stock zu „fangen“. Du siehst, hier haben wir by the way noch ganz schnell ein Missverständnis aufgeklärt: Hunde „fangen“ Spielzeug. Sie spielen nicht.
Hat dein Hund erst einmal etwas „Hetzbares“ -also Wild, Schafe, Kühe, Jogger, kleine Kinder, Motorräder, Fahrräder….- aufgespürt, so hilft meist kein Rufen, Locken oder Drohen mehr. Dein Hund gibt Gas! Er ist wie in einem Tunnel gefangen und du musst ohnmächtig zuschauen, wie dein Hund um die nächste Ecke Richtung Bundesstraße abbiegt. Er ist regelrecht blind für Gefahren jeglicher Art und auch für dich. Häufig brechen Hunde ihre Hetze erst dann ab, wenn sie ihre Beute nicht mehr sehen können, ihnen die Frische der Duftspur vermittelt „Du kriegst mich nicht“ oder wenn sie ihre Beute gefangen haben.
02 Was passiert im jagenden Hund?
Dein Hund nimmt eine potentielle Beute wahr. Adrenalin schießt in seinen Körper ein. Die Leber schüttet eine Extraportion Blut in den Kreislauf, damit schnell gespurtet oder länger gehetzt werden kann. Die Sinneswahrnehmungen beschränken sich auf das Ziel -das ist der Tunnelblick. Endorphine werden beim Jagen ausgeschüttet. Dein Hund ist im Rausch.
Dabei muss man beachten, dass nicht jeder Hund gleich stark in diesen Rausch kommt, bzw. manch ein Vierbeiner auch noch relativ ansprechbar bleibt. Schwierig wird es, je öfter Hunde diesen Rauschzustand erlebt haben. Hier gilt die Faustregel „Je öfter, je lieber.“.
Am Ende dieses Rausches wartet das Fangen, packen und niederzeihen des „Opfers“ und das Töten. Auch hier muss man beachten, dass nicht jeder Hund „seine Zielperson“ wirklich niederzieht und tötet. Dafür hat die gezielte Zucht von Hunden gesorgt. Ein Schäferhund (Hütehund), der nicht allzeit bereit war um zu hüten und der vielleicht die Schafe des Schäfers auch noch zu hart ran nahm oder gar riss, wurde nicht weiter zur Zucht verwendet. Der Dackel allerdings wurde mit dem Ziel gezüchtet seine Beute hartnäckig zu verfolgen und im Falle des Falles, dass er sie stellen konnte, niederzuziehen und sicher zu töten.
03 Antijagdtraining
Anti – Jagd – Training. Eigentlich diese Formulierung kompletter Blödsinn, denn du kannst deinem Hund das Jagen nicht abgewöhnen. Er wird immer das Potential haben zu jagen. Grundsätzlich solltest du dir Gedanken bevor ein Hund bei dir einzieht. Wie viel weißt du wirklich über Hunde? Kannst du Arbeitshunde und Familienhunde unterscheiden? Möchtest du einen Mischling, wo du häufig nicht genau weißt welche Rassen verkreuzt wurden? Oder einen Rassehund, dessen Verhalten berechenbarer ist? Fest steht jedenfalls: der Jagdtrieb eines Hundes kann nicht wegtrainiert werden. Soweit schon mal zur schlechten Nachricht. Jetzt kommen wir zum Aber: der Jagdtrieb deines Hundes kann kontrolliert werden. Das heißt also, dass jedes Antijagdtraining eigentlich Jagdkontrolltraining ist. Dabei geht es vor allem darum die unkontrollierbare, und damit auch gefährliche, Passion deines Vierbeiners in den Griff zu kriegen.
Setze hierfür dein Hundewissen ein. Wenn du feststellst, dass du an dieser Stelle nochmals nachgurten solltest, zögere nicht und lerne dazu! Nur ein kontrollierbarer Hund ist ein freier Hund und trägt entscheidend zur Lebensqualität deines Hundes, dir und allen Mitgeschöpfen bei.
Oft liest man, und wird viel zitiert, „die Bindung zu deinem Hund muss stimmen“, „Belohne immer stark, damit du die Bindung zu deinem Hund nicht kaputt machst“ usw. Das ist selbstverständlich Quatsch. Wir wollen das an dieser Stelle nicht weiter ausführen. An anderer Stelle in unserem Magazin kannst du hierüber mehr lesen. Aber gesagt werden muss es an dieser Stelle. Denn die Bindung zu deinem Hund ist völlig ok, aber er jagt trotzdem. Es mangelt weniger an Bindung als an klaren Absprachen zwischen dir und deinem Hund um den Jagdtrieb kontrollierbar zu bekommen. Grundlage für jedes Kontrolltraining ist deshalb DAS Kommando schlechthin -der Rückruf.
04 Jagd durch Jagen ersetzen
Zu Beginn haben wir kurz zu uns geschaut: wie jagen wir Menschen denn heute noch Beute? Nehmen wir uns nochmal das Fußballspiel vor. Bei diesem Spiel werden in uns dieselben Raketen gezündet wie bei einer echten Jagd. Und da wir auch noch gegen eine andere Mannschaft antreten: wie bei einer echten feindlichen Auseinandersetzung. Der Unterschied ist, dass wir kein Wild mehr fangen und töten, sondern eine Ersatzbeute -den Ball. Wir besiegen die anderen elf Krieger nicht mehr mit einer Keule und einem Schlag auf den Kopf, sondern indem wir das Spiel gewinnen. Aber genau wie bei einer echten Jagd, müssen sich die einzelnen Spieler kooperativ abstimmen um erfolgreich zu sein, sprich, mit der Ersatzbeute die anderen nass zu machen.
Im Grunde verhält sich ein jagender Hund ebenso. Bevor gestartet wird, gibt es häufig noch einen kurzen Blick zu Herrchen und Frauchen oder die Körpersprache ändert sich….„Achtung! Ich hab was entdeckt! Kommst du mit?“. Natürlich sind wir zu träge und zu wenig reaktionsfreudig und verpennen den Start. Was hilft also? Wie kann ich meinem Hund zeigen, dass ich auch ein wertvoller Kooperationspartner bin und wir gemeinsam SICHER und ZUVERLÄSSIG Beute machen? Glasklar, wir nehmen Ersatzobjekte zur Hilfe.

Bild: pixabay/ brixiv
Super eignen sich hierfür Spielzeuge, die vielleicht auch noch quietschen😉 oder ein sogenannter Futterdummy in den du Leckerlis füllen kannst. Dein Hund sucht und bringt ihn dir und bekommt dann daraus eine Kleinigkeit. Absolut wichtig ist, dass du diese Ersatzbeute nur ganz gezielt auspackst -weniger ist mehr! Denn dein Hund soll eine hohe Motivation entwickeln in den Besitz dieser Beute zu kommen. Deswegen immer dann aufhören, wenns am Schönsten ist. Also gibt es diese Beute nur beim Spaziergang und immer nur, wenn die Aufmerksamkeit deines Hundes von Wild oder Radfahrern (Ersatzbeute) gefesselt wird. Obacht, natürlich musst du früh genug sein! Ist dein Hund bereits im Rausch wird ihn kein quietschender Ball mehr von seinem Plan abbringen können.