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„Sachkundenachweis? Oh verdammt, brauche ich so was?“, „ Joah, könnte gut sein…“. Der Sachkundenachweis bescheinigt dir ein gewisses Grundwissen über Hunde und eine gewisse Befähigung mit deinem Hund umzugehen. Jedes Bundesland kocht dabei sein eigenes Süppchen. In NRW brauchst du den Sachkundenachweis, wenn du einen Hund über 20 Kg und oder größer als 40 cm Schulterhöhe hast. In manch anderen Bundesländern gilt das Ganze nur für „bestimmte Rassen“ usw. Wie wann wo welche Regeln gelten und was du für die Sachkunde tun musst, kannst du hier lesen.
01 Was zum Geier ist ein Sachkundenachweis?
02 Übersicht über die Bundesländer
03 Was muss ich beachten und wie kann ich mich vorbereiten?
04 Wie und wo muss ich den Sachkundenachweis machen? Kosten?
05 Sachkundenachweis oder Hundeführerschein??
01 Was zum Geier ist ein Sachkundenachweis?
Erst einmal vorneweg: wie du in unserem Artikel „Hundehaltung“ vielleicht schon gelesen hast, gibt es ziemlich viele Sachen auf die du achten musst, wenn du einen Hund hältst. Als HundebsitzerIn trägst DU immer die VOLLE Verantwortung für deinen Hund. „Mmh, ja ja klar, weiß ich doch eh“ denkst du dir vielleicht. Das Ding ist, vieles wird im Alltag mit Hunden absolut auf die berühmte leichte Schulter genommen. So kommt es häufig vor, dass Menschen durch Hunde verletzt werden, dass Hunde Menschen totbeißen, sehr häufig auch, dass Hunde Hunde totbeißen, aber auch, dass Hunde schlecht gehalten werden. Deswegen berühren auch viele Regelungen, Gesetze und Verordnungen, den Alltag von Mensch und Hund.
Hundesteuer, Leinenzwang oder Maulkorb – und dabei unterscheiden sich die Hundeverordnungen nicht allein von Bundesland zu Bundesland, nein, sogar lokal. Die eine Gemeinde hat eine Vorschrift, die die andere z.B. nicht hat -der Föderalismus lässt grüßen. Und damit nicht genug, diese Vorgaben ändern sich auch noch von Zeit zu Zeit. Das heißt, du musst dich regelmäßig an deinem Wohnort updaten.
Für Hundehalter können diese Rechtsgrundlagen relevant sein:
- Strafrecht
- Ordnungswidrigkeitenrecht
- Tierschutzrecht
- Zivilrecht
- Umweltrecht
- Vollstreckungsrecht
- Gesetze und Verordnungen des Bundes
- Hundeverordnungen der Bundesländer
- örtliche Regelungen der Städte und Gemeinden.
„Oha, ne ganze Menge. Ich hab jetzt schon keine Lust mehr weiterzulesen….da steigt ja keiner durch.“.
Pass auf, wir vereinfachen die Sache etwas. Denn genau diese Gedanken hatten die Erfinder des Sachkundenachweises auch. Wie bekommt man es hin, dass alle Leute, die einen Hund halten wollen, sich vorher mal ein paar Gedanken machen? Gedanken um Tierwohl und Gefahren, zum Beispiel. Denn man muss ja fair sein. In der Hundewelt gibt es quasi die „Stunde Null“. Die lässt sich irgendwo in die 1990er Jahre einsortieren. Irgendwann wurden aus Hunden nicht einfach Hunde, oder Wachhunde, Hofhunde, Jagdhunde, sondern sie wurden Freizeit. Neue Rassen wurden nach Deutschland importiert und mit ihnen auch Ansätze Hunde zu trainieren, bzw. anders zu trainieren. Hunde wurden immer häufiger anders betrachtet als vorher. Hunde wurden schick. Und viel in der Werbung eingesetzt. Kurzum, die ersten Trainingslegenden tauchten am Horizont auf. Jan Nijboer ebnete den Weg für Martin Rütter, der sich vieler Ideen von Nijboer bediente. Sei`s drum. Jedenfalls bekam Deutschland immer mehr Hunde und das musste geregelt werden.
Also hat man den Sachkundenachweis für HundehalterInnen eingeführt. Ziel vom Sachkundenachweis ist, dass HundehalterInnen ihre „Sachkundigkeit über Hunde“ beweisen. Dazu gehören dann Fragen nach dem Ausdrucksverhalten, nach der Pflege, Gefahreneinschätzung usw.
02 Übersicht über die Bundesländer
Diese Übersicht zeigt dir, in welchen Bundesländern ein Sachkundenachweis in Form einer bestandenen Sachkundeprüfung verpflichtend ist und für welche Hunde du ihn brauchst. Die meisten Bundesländer wollen tatsächlich den Sachkundenachweis gar nicht für alle HalterInnen, sondern nur für Hunde „bestimmter Rassen“.
Frag immer bei deiner Stadt/Gemeinde nach! Hier bekommst du alle Infos, die für deinen Wohnort gelten!

03 Was muss ich beachten und wie kann ich mich vorbereiten?
Als erstes musst du dich genau informieren über die Bedingungen zur Hundehaltung an deinem Wohnort UND in deinem Bundesland. Steht ein Umzug an, gilt das selbstverständlich auch für den neuen Wohnort. In Niedersachsen musst du den theoretischen Teil des Sachkundenachweises vorlegen, bevor dir die Hundehaltung überhaupt erlaubt wird. Den praktischen Teil kannst du dann innerhalb eines Jahres nachweisen. In NRW musst du den Sachkundenachweis vier Wochen nach Beginn der Hundehaltung bei deiner Gemeinde nachweisen.
In den allermeisten Bundesländern musst du den Sachkundenachweis NUR für Hunde bestimmter Rassen ablegen. Diese Rassen sind z.B.: Alano, American Bulldog, Bullmastiff, Mastiff, Mastino Espanol, Mastino Napolitano, Fila Brasileiro, Dogo Argentino, Rottweiler, Tosa Inu, Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier. In manchen Bundesländern wird diskutiert, ob noch weitere, auch gängige Rassen mit hinzugenommen werden sollen. In Bayern ist der Rhodesian Ridgeback im Gespräch. Für die Haltung aller anderen Rassen benötigst du also überhaupt keinen Sachkundenachweis. NRW bildet hier eine klare Ausnahme. Das Bundesland will, dass alle HalterInnen von Hunden über 20 Kg Gewicht oder einer Schulterhöhe von 40 cm einen theoretischen Sachkundenachweis erbringen.
In vielen Fällen droht ein Bußgeld, wenn der Sachkundenachweis nicht erbracht wird. Für den Sachkundenachweis NRW kannst du hier üben und ihn auch ablegen. Für alle anderen Bundesländer empfehle ich dir die Prüfungsordnung für den Hundeführerschein zu lesen. Hier wirst du fündig und kannst dich und deinen Hund auf die theoretischen und praktischen Prüfungsinhalte vorbereiten. Hier kannst du die Prüfungsordnung herunterladen.
In allen Bundesländern muss eine Sachkundeprüfung, also theoretischer Teil Sachkunde + praktischer Wesens- und Gehorsamsprüfung, für gefährliche Hunde abgelegt werden.
„Mein Hund ist ja nicht gefährlich“, werden sich viele denken. Weit gefehlt, liebe Frau Herrchen! Unter „gefährlich“ fallen Hunde, die Menschen anspringen, Fahrrädern hinterher jagen, andere Hunde beißen, Menschen oder andere Tiere. Und zack! Da sollte doch jetzt jedem klar werden, der das hier liest, dass auch der eigene Hund, der gerne mal die Nachbarskatze jagt, schon gefährlich ist! Hier ein kleiner Auszug aus der Hundeverordnung Schleswig-Holstein:
„Wann gelten Hunde als gefährlich?
Wenn Hunde
- einen Menschen gebissen haben
- Menschen wiederholt in gefahrdrohender Weise angesprungen oder ein anderes aggressives Verhalten gezeigt haben
- ein anderes Tier (auch einen anderen Hund) gebissen haben oder
- unkontrolliert Tiere gehetzt oder gerissen hat
prüft die zuständige Gemeinde oder das zuständige Amt, in der die Halterin oder der Halter des Hundes wohnt, ob sich durch den Vorfall der Verdacht bestätigt, dass von dem Hund eine Gefahr für Menschen und Tiere besteht. Bestätigt sich der Verdacht, stuft die Gemeinde oder das Amt den Hund als gefährlich ein. Die Haltung des Hundes ist dann nur noch mit ausdrücklicher Erlaubnis der Behörde zugelassen.“
(Quelle: https://www.schleswig-holstein.de/DE/fachinhalte/T/tierschutz/Hunde/_documents/hundehaltung_privat).
Aus meiner langjährigen Erfahrung heraus sage ich euch, dass viele Hunde gefährlich sind. Die Krankenhäuser und Versicherungsstatistiken sind voll davon. Jedes Jahr werden in Deutschland 3 -5 Menschen von Hunden totgebissen. Und wer weiß wie viele Kinder umgeworfen und Jogger und Radfahrer in die Waden gebissen.
Deswegen: Hände weg von „Leckerli-Erziehung“ und rein ins Lernen über Hunde!
04 Wie und wo muss ich den Sachkundenachweis machen? Kosten?
Die zuständigen Ministerien in unseren Bundesländern sind in der Regel die, die ungefähr so heißen: „Das Ministerium für Ländlichen Raum, Verbraucherschutz, Ernährung, Lebensmittelüberwachung, Wald, Tierschutz und die Tiergesundheit“.
Obacht: den Sachkundenachweis legst du entweder ab bei einem Sachverständigen (Hundeschule), Tierarzt oder dem zuständigen Veterinäramt.
Je nach dem in welchem Bundeland du lebst, reicht ein theoretischer Test mit Multiple-Choice-Fragen aus, oft gehört aber auch eine praktische Prüfung dazu. Die praktische Prüfung ist im Prinzip eine Wesensprüfung und eine Gehorsamsprüfung deines Hundes. Diese Prüfung musst du ablegen, wenn dein Hund bestimmten Rassen angehört oder als gefährlich gilt.
Für einen theoretischen Sachkundetest kannst du mit Preisen zwischen 40 – 70 EUR rechnen. Für einen Wesensprüfung musst du schon mehr berappen. Hier kannst du mit Preisen zwischen 200 – 500 EUR rechnen.
05 Sachkundenachweis oder Hundeführerschein??
Eigentlich einfach, wird aber umgangssprachlich und in den Medien super oft miteinander in einen Topf geschmissen und vermischt. Also, hier in der Kürze:
- Den Sachkundenachweis MUSST du von Behörden wegen machen, den Hundeführerschein KANNST du machen -z.B. als Freizeitaktivität mit deinem Hund.
- Den Sachkundenachweis musst du bei einem Sachverständigen ablegen (siehe oben). Den Hundeführerschein machst du in einem Verein für Hunde. Der Hundeführerschein ist damit also eine Vereinsgeschichte!
- Der Sachkundenachweis ist meist NUR eine theoretische Prüfung. Eine Wesens- und Gehorsamsprüfung deines Hundes schließt sich nur in manchen Bundesländern für Hunde bestimmter Rassen an. Beim Hundeführerschein wird IMMER eine theoretische und eine praktische Prüfung absolviert.
Und jetzt kommts: BEIDE, Sachkunde und Hundeführerschein, werden von der Behörde als Befähigungsnachweise für Hundehalter angesehen! Hier hat also der Frosch die Locken.
Ein Hundeführerschein kann für dich auch noch insofern interessant sein, als dass du bei Bestehen der Prüfung Steuererleichterungen für deinen Hund bekommen kannst, und, wenn du dein Zertifikat bei deiner Versicherung einreichst und es sollte mal zu einem Schadensfall kommen, stehst du deutlich besser da als ohne. Das kann sich mildernd auf Strafen, Beiträge und sonstiges auswirken.