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Bild: pixabay/ GerMai
Viele Hunde tragen gerne Gegenstände, vom Stöckchen bis zum eigenen Futternapf. Auf diese Ideen kommen Hunde ganz von allein. Damit gehört das Apportieren zu ihrem natürlichen Verhaltensspektrum. Apportieren kann sehr viel Spaß in deine Beziehung zu deinem Hund bringen. Allerdings ist die Sache nur vermeintlich leicht und erfordert einiges an Training. Lies hier, wie du deinem Hund das Bringen schmackhaft machen und beibringen kannst.
01 Was ist Apportieren?
02 Der Unterschied zwischen Apportieren und Bringen
03 Welche Vorteile hat das Bringen?
04 Welcher Hund ist geeignet?
05 Die Vorbereitungen
06 Aufnehmen und bringen
07 Probleme beheben
01 Was ist Apportieren?
Apportieren bedeutet so viel wie „herbeibringen“ und ist ein Wort aus der Sprache der Jäger. Geschossenes Wild wird dabei vom Jagdhund zum Jäger gebracht, also apportiert.
Apportieren stellt somit eine echte und ernste Aufgabe für Jagdhunde dar, denn die Jagd auf Wild macht nur Sinn, wenn der Jäger es nach dem Totschießen auch in Besitz nehmen kann. Dafür sind Jagdhunde, die in dieser Arbeit unterrichtet wurden, unabdingbar. Das Wild muss mit der Nase gefunden werden, muss sauber gegriffen werden ohne es kaputt zu beißen und muss dann auf direktem Wege zielsicher beim Jäger ankommen. Hunde apportieren Wild aus dem schwierigsten Gelände: Wasser, großen Brombeerhecken, aus dem Schilf, auf großen Äckern. Ohne die Arbeitsleistung des Hundes wäre der Jäger aufgeschmissen. Und auch das Wild, denn auch verletzte Tiere müssen dem Jäger sicher gebracht werden, ohne dass der Jagdhund dem Tier ein Leid tut.
Die Apportierausbildung von Hunden für Jagd oder Schutzdienst ist ein Ausbildungsteil, der viel Zeit und Mühe in Anspruch nimmt und mit dem Bringen von Stöckchen und Bällchen wenig gemeinsam hat.
02 Der Unterschied zwischen Apportieren und Bringen
Damit wären wir auch schon beim Unterschied zwischen Apportieren und Bringen: Apportieren ist eine Aufgabe, die vom Hund ausgeführt werden muss. Bringen ist eine Aufgabe, die vom Hund ausgeführt werden kann. Wir werden also im Folgenden nicht über das Apportieren sprechen, sondern über das Bringen von Gegenständen. Nichtsdestotrotz hat auch das Nachhetzen von Gegenständen mit anschließender Massakrierung des selben oder einem anschließenden Zerr- und Fangspiel mit Herrchen und Frauchen nichts mit Bringen zu tun. Ein Hund der bringt, läuft dem angezeigten Gegenstand hinterher oder sucht ihn. Wenn er den Gegenstand gefunden hat, nimmt er ihn auf, läuft schnurstracks damit zu Herrchen oder Frauchen und gibt auf Kommando den Gegenstand aus. Damit sind Bringübungen also Aufgaben, die viel Konzentration und Kommunikation erfordern.
03 Welche Vorteile hat das Bringen?
Bringübungen mit deinem Hund verbessern eure Beziehung durch die Stärkung gemeinsamer Kommunikation. Du musst dir auch immer klar machen, dass das Bringen für deinen Hund eine Jagd ist. Denn: er muss erst den Beutegegenstand suchen um ihn danach bringen zu können. Hierbei sind natürlich auch die vielfältigsten Schwierigkeitsgrade vorstellbar! Wenn du deinen Hund also nun anleitest einen Gegenstand, für deinen Hund „Beute“, zu bringen, jagst du mit ihm zusammen. Und dieses „Zusammen“ stärkt eure Beziehung.
Bringen ist für die allermeisten Hunde eine natürliche Handlung und lastet deinen Hund somit auf artgerechte Weise aus. Zudem bekommt er, und auch du 😉, artgerechte Bewegung. Ein weiterer Pluspunkt für Bringübungen ist, dass es in jedem Fall den Gehorsam deines Hundes verbessert -denn du wirst ihn mehr üben. Und natürlich die Impulskontrolle -denn du wirst sie mehr üben. Und dein Hund erkennt einen Sinn in Gehorsam und Impulskontrolle. Last but not least macht es Spaß und stolz, denn je mehr geübt wird, desto erfolgreicher werdet ihr. Gemeinsam!
Aber Obacht! Es gibt häufig für Hunde viele Fragezeichen in der Beziehung zwischen Mensch und Hund. Gerade, wenn du geglaubt hast, deinen Hund mit positiver Verstärkung „zu erziehen“, wird’s schwierig. Denn Erziehung über positive Verstärkung ist selbstverständlich Quatsch. Liegt bei euch also einiges im Argen, können Bringübungen zur Frustfalle werden.
Auch Vorstellungen, man würde mit Bringübungen seine Position als Leittier, als Rudelführer, etablieren oder stärken, ist selbstverständlich Quatsch. Wo doch hoffentlich bald Schluß ist mit den vermenschlichten Denkansätzen an eine Hierarchie der Starken innerhalb einer Gruppe oder eines Rudels. As heißt für dich nichts anderes, als dass du die Beziehung zwischen dir und deinem Hund mit Bringübungen auch weiter verschlechtern kannst. Gewusst was! Gewusst wie! Ist hier der Schlüssel zur Lösung.
04 Welcher Hund ist geeignet?
Das ist im Grunde genommen simpel, denn, wenn du bemerkst, dass dein Hund ohne dein Zutun völlig eigenmotiviert mal Gegenstände umherschleppt, dann ist das auf jeden Fall Ausdruck davon, dass er mit dieser Handlung etwas anzufangen weiß.

Natürlich lohnt es sich auch immer einfach mal auszuprobieren, ob dein Hund Lust hat am Bringen oder Tragen von Sachen. Es gibt aber auch immer wieder Hunde, die damit überhaupt nichts anfangen können. Solltest du das feststellen, dann akzeptiere es. Vielleicht ist dein Hund aber auch gerade in einer „gewissen“ Phase und es macht gerade wenig Sinn für ihn -test einfach in zwei bis drei Monaten noch mal an.
Grundsätzlich gibt es viele Hunderassen die auf das Bringen gezüchtet wurden. Allen voran natürlich Jagdhunderassen aus den Kategorien Apportierhunde „Retriever“ und Vorstehhunde, aber auch bei Schäferhunden, also Hütehunden, ist eine gute Apportierfähigkeit beliebt.
05 Die Vorbereitungen
Am besten beginnst du damit, dass du geeignete Gegenstände (Dummy) zum Bringen aussuchst.
Es gibt einige Dinge, die für das Bringen absolut ungeeignet sind. So solltest du aufgrund der Verletzungsgefahr niemals Stöckchen werfen, die dir dein Hund zurück bringen soll. Fragt man bei Tierärzten nach, landen mehrmals monatlich Patienten auf dem OP-Tisch, weil sie sich ein Stöckchen in den Rachen gerammt oder Holzsplitter im Hals haben. Auch Tennisbälle sind eine schlechte Idee! Der Filz schabt den Zahnschmelz deines Hundes ab und der Ball hat eine verschluckbare Größe -leider ersticken jährlich einige Hunde an verschluckten Bällen. Wenn du mit Bällen oder „Spielis“ arbeiten möchtest, dann wähle sie so aus, dass sie zu groß sind als dass dein Hund sie im Flug verschlucken könnte.
Was geht noch? Auf jeden Fall geht immer ein Futterdummy. Hä? Was ist ein Futterdummy? Im Grunde kannst du dafür auch ein Schlampermäppchen aus deiner Schulzeit nehmen, denn der Futterdummy funktioniert genauso: ein Schlampermäppchen welches mit Reißverschluss geschlossen wird. Beim Futterdummy ist in der Regel noch Stoff über den Reißverschluss genäht den man mit Klett verschließen kann sodass ein Hund nicht sofort an den Reißverschluss kommt. Häufig sind auch Kordeln an einer Seite befestigt. Damit lässt sich der Futterdummy gut werfen oder festbinden.
Wenn dein Hund ein Frisbee Fan ist, spricht nichts gegen Frisbees. Auch sie können gejagt, gesucht, gefunden und gebracht werden.
Und dann gibt es da natürlich noch die richtigen Dummies, Jagdattrappen, Bringsel und Apportierhölzer (Achtung! Weichholz splittert). Aus alten Socken oder Handschuhen kannst du dir und deinem Hund auch selbst ein paar Bring-Gegenstände basteln.
Wichtig! Das Dummy (Apportiergegenstand) ist kein Spielobjekt, sondern ein Übungs-Jagd-Gegenstand. Es wird sofort weggepackt, sobald das Bringtraining beendet ist.
Als nächstes musst du dir Gedanken machen WO du mit deinem Hund Bringübungen machen willst und darfst. Am Anfang des Trainings am besten daheim. Willst du deine Bringübungen mit deinen Spaziergängen kombinieren, solltest du dir klar machen, dass du das Bringen mit deinem Hund immer ohne andere Hunde trainierst. Das könnte mächtig Ärger unter den Hunden geben. Auch geht’s natürlich gar nicht deine Übungen dort zu machen wo Wild zuhause ist. Das könnte mächtig Ärger mit dem Jäger geben. Und natürlich zeichnet es uns nicht als tierlieb aus, wenn wir unser Vergnügen auf Kosten der anderen Tiere ausüben.
06 Aufnehmen und bringen
Als erstes musst du dir klar machen: Motivation, Motivation, Motivation. Wenn die nicht stimmt, wird dein Hund bald das Interesse verlieren und die Übungen nicht so ausführen, wie du es dir vorstellst. Apropos vorstellen: es ist immer gut, wenn du dir Vorfeld mal das eine oder andere Video anschaust, damit du weißt wie die Sache aussehen soll.
Hast du einen Gegenstand ausgewählt mit dem du das Bringen üben möchtest, beginnst du mit deinem Hund am besten im Haus. Super sind Flure, zu denen du alle angrenzenden Türen schließen kannst. Achte darauf, dass dein Hund und du nicht abgelenkt werdet. Überlege dir ein Kommando, am besten kurz und prägnant „Bring!“. Mache kurze, aber erfolgreiche Übungseinheiten.
Beginne damit, den Dummy für deinen Hund interessant zu machen, so, dass er ihn haben will. Du kannst den Dummy hoch werfen und selbst wieder auffangen, kannst in den Futterdummy Leckerlis einfüllen im Beisein deines Hundes und ihn auch mal kurz daraus naschen lassen.
Ist dein Hund „hot“, wirf dein Dummy 1-2 Meter weg und warte was passiert. Dein Hund darf sofort hinterher, denn du musst erst di Motivation trainieren, bevor du den Gehorsam einbaust. Trägt dein Hund den Gegenstand in deine Richtung, lob ihn. Aber zügele deine Überschwänglichkeit und gedulde dich, bis dein Hund bei dir ist. Unterstütze ihn eventuell indem du ihn zu dir lockst. Notfalls kannst du eine Leine an deinem Hund befestigen oder an dem Dummy und ihn damit behutsam zu dir lotsen.
Gib ihm ein Leckerli aus der Hand oder Lass deinen Hund aus dem Beutel fressen und wirf den Beutel wieder weg. Klappt auch Runde zwei, dann höre an dieser Stelle auf und mach morgen weiter. Läuft dein Hund zwar zum Dummy hin, nimmt es aber nicht auf, dann wirf einfach noch einmal nachdem du den Dummy noch einmal spannend gemacht hast.
Nimmt dein Hund mit dem Dummy Reißaus oder beginnt, mit dir spielen zu wollen, so unterbreche deinen Hund. Du musst klar machen was du willst. Nach der Unterbrechung kannst du noch einmal von vorne beginnen.
Wichtig: bleib locker! Lass dich nicht frustrieren. Falls die Nummer mit deinem Hund gar nicht klappen sollte, liegt das Problem vielleicht in einer anderen Ecke begraben….
Funktionieren deine Übungen, kannst du die Schwierigkeit langsam steigern und den Dummy auch verstecken. Beim Verstecken lässt du deinen Hund am besten die ersten Male zusehen und schickst ihn dann zum Bringen. Dein Hund muss erst Sicherheit aufbauen, bevor er später auf ein „Such!“ beginnt nach seinem Dummy zu suchen. Du kannst den Schwierigkeitsgrad natürlich auch auf andere Weise erhöhen: verschiedene Distanzen, verschiedene Richtungen, zwei Dummies….sei kreativ! Dein Hund liebt neue Herausforderungen.
PS: Bringen kannst du mit deinem Hund zwischen 0 bis 99 Jahren trainieren!
07 Probleme beheben
Ganz klar -es gibt auch faule Hunde. Faule Hunde, die auf alles träge reagieren und schwer zu motivieren sind. Ja, selbst unter den Retrievern gibt es Typen, denen ein Beutespiel nicht so wichtig ist. Probieren lohnt sich aber in jedem Fall. Am besten forderst du deinen Hund zu einem Fangspiel auf, wirfst den Dummy in die Luft, fängst ihn freudig wieder auf, ziehst ihn an einer Schnur über den Boden hinter dir her. Für die „schlecht Motivierbaren“ unter unseren Hunden ist es gut, wenn du die Sache mit einem Futterdummy angehst. Du kannst auch Frühstück oder Abendessen vor der Übung mal ausfallen lassen. Nimmt dein Hund den Dummy in den Fang ist das schon mal ein Lob und ein Leckerli wert! Mach weiter und motiviere deinen Hund. Zeigt dein Hund großes Interesse, dann stoppt an dieser Stelle die Übung. Denn wenns am Schönsten ist, soll man aufhören. So nimmt dein Hund die Motivation fürs nächste Mal mit.
Aber klar, bleibt ihm das Ding „Schnuppe“, dann ist das halt so.
Es gibt auch Hunde, die eigentlich gerne das Bringtraining mitmachen würden, aber einfach zu gestresst sind. Ist das bei deinem Hund der Fall, dann musst du erst an dieser Ecke was tun.
Viele Hunde sind auch super schnell zu motivieren und richtig auf Zack! Im wahrsten Sinne des Wortes, denn völlig aufgedrehte oder scharfe Hunde neigen dazu in die Hand zu schnappen, die nach dem Dummy greift, zu bellen, mit dem Dummy wegzulaufen und wollen häufig das Dummy nicht hergeben. Das ist natürlich blöd! Für diese Fälle sollte die Beziehung zwischen deinem Hund und dir klar sein und du solltest ein „Nein“ in eurem Vokabular etabliert haben. Oder würdest du in ein Auto steigen, das keine Bremse hat?! Nein. Das dachte ich mir. Treten diese Schwierigkeiten zwischen deinem Hund und dir auf, darfst du erst ein „Nein“ aufbauen, bevor du Bringübungen mit deinem Hund trainieren willst.